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EU Meldepflicht für Entsendungen / Dienstreisen / Business Trips


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Hotel buchen, Flugticket sichern und los geht's - so einfach sind Entsendungen in die EU ja leider nicht mehr. Das kommt insbesondere durch die neuen nationalen Gesetze und Systeme zur elektronischen Anmeldung der einzelnen EU-Länder.
Nun stehen wir kurz davor einige erste Kolleg*innen ins Ausland senden zu wollen - oftmals nur für einen kurzen Messebesuch, welcher uns vor bürokratische Hürden stellt.

Da wir bisher noch keine Kolleg*innen ins Ausland entsendet haben, benötigen wir eure Erfahrungen. Wie löst ihr das Meldewesen aktuell? Habt ihr gute Anbieter gefunden? Wir haben bei einer ersten Recherche gemerkt, dass die Preise sehr stark variieren. Was sind eure Erfahrungen und wie oft werden Mitarbeiter wirklich im Entsendungsstaat kontrolliert? 

Wir freuen uns sehr über euren noch so kleinen Input hierzu :) 

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Beste Antwort von Hanna Tralau 4 March 2022, 11:40

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10 Antworten

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Hallo @Christin,

leider bin ich selbst auf diesem Gebiet kein Experte, ich bin jedoch gespannt, welchen Input andere Community Mitglieder Dir hier geben können.

Liebe Grüße
Marc

 

 

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Hallo @Christin,

 

das Thema EU-Meldung kostet uns seit geraumer Zeit echt viele viele Nerven.

Es ist sehr komplex und umfangreich. Hier aber ein kleiner Einblick:

Wir sind ein Maschinenbauunternehmen (ca. 150 MA, 1,625 MA im HR) und haben daher sehr oft Mitarbeitende im Ausland für diverse Zwecke (Inbetriebnahmen der Maschinen, Service-Leistungen an den Maschinen, Kundenbesuche, Messebesuche, etc.).

Seit einiger Zeit lösen wir das Meldewesen über den Anbieter “VisumPoint”. Es ist eher ein StartUp-Unternehmen und auch mit recht hohen Kosten verbunden. Einige Kosten können wir allerdings auf Kunden umlegen. VisumPoint bietet EU-Meldungen, A1-Meldungen und Visa-Anträge an. A1-Meldungen machen wir selber, außer bei komplexeren Dingen wie USA.

VisumPoint ist insofern eine Erleichterung, dass anhand einiger Angaben von uns genau vorgegeben wird für welche Zwecke/Dauer etc. eine EU-Meldung benötigt wird und wann nicht. Die Durchführung übernimmt ebenfalls VisumPoint (z.B. Kontaktaufnahme mit einem Repräsentanten des jeweiligen Landes, Berechnung Mindestlohn des jeweiligen Landes, uvm.).

Der Input von uns besteht “nur” noch in den Daten für die jeweilige Reise wie z.B. Adresse, Dauer, Hotelname (sofern der Mitarbeitende vorher in VisumPoint angelegt wurde mit einigen persönlichen Daten).

Bisher haben wir das als Personalabteilung gestemmt. Der Aufwand ist allerdings trotzdem noch so groß, dass wir ab Mitte des Monats umstellen auf eigenständige Bearbeitung durch die Mitarbeitenden selber über VisumPoint.

Vielleicht hilft euch das ein wenig.

LG
Hanna

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Hallo Hanna, 

vielen Dank für deinen umfassenden Beitrag und das Teilen deiner Erfahrungen. Das hilft uns - und anderen Community-Mitgliedern bestimmt sehr. 

Mit VisumPoint habe ich mich in der Tat sogar auch schon ausgetauscht. Bei uns ist das Volumen scheinbar jedoch noch einmal ein ganz anderes (viel kleiner), sodass sich die Kosten einer Toollösung nicht rentieren würden. Jedoch hilft es mir schon einmal zu lesen, dass euch das Thema auch so sehr beschäftigt. Ich habe mich nämlich auch schon ein wenig umgehört und merke, dass sich viele Unternehmen dieser Meldepflicht gar nicht bewusst sind und diese womöglich umgehen. Ich kann mir jedoch noch nicht so recht vorstellen, was die konkreten Sanktionen sind - sollte man der Meldepflicht mal nicht nachkommen - z.B. aufgrund der Kurzfristigkeit einer Reise.
Vielleicht hat jemand dazu Erfahrungswerte? 

Viele Grüße, 
Christin 

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Sehr gerne, @Christin! :-)

 

Zu den Sanktionen kann ich noch etwas beitragen: Vor 2 Jahren gab es bei uns das erste Bußgeld für einen unangemeldeten Reparatur-Einsatz in Luxemburg. Das Bußgeld war im höheren vierstelligen Bereich. Grundsätzlich können die Bußgelder auch bis zu € 50.000 betragen. Sollte man verhängte Bußgelder nicht zahlen oder in Wiederholungsfällen, kann es sogar dazu führen, dass man in entsprechenden Ländern keine Leistung mehr erbringen darf.

Was ich dazu sagen möchte: Wenn man sich als Unternehmen dafür entscheidet, der Meldepflicht gewissenhaft nachkommen zu wollen und dem (vermutlich eher geringeren) Risiko von Bußgeldern aus dem Weg gehen möchte, empfehle ich unbedingt den Einsatz eines Tools/ eines Dienstleisters, womit man den Überblick behält. Zum einen gibt es wahnsinnig oft Änderungen und in jedem Land gelten andere Vorgaben/Richtlinien. Und pro Land kommt es dann auch darauf an welche Tätigkeiten verrichtet werden, für welche Dauer usw.

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Vielen Dank @Hanna Tralau, für Deine detaillierten Infos und das Teilen Deiner Erfahrung! 

Das Thema ist bestimmt für Einige aus der Community interessant und Deine Empfehlung wertvoll. :) 

Liebe Grüße,
Lena

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Hallo zusammen,
ich beschäftige mich auch derzeit mit dem Thema Arbeiten im EU-Ausland. Bei uns liegt der Fall aber etwas anders: Wir sind eine IT-Unternehmensberatung mit 85 Mitarbeiter:innen. Seit 2 Jahren sind wir alle fast vollständig im Home-Office und einige Kolleg:innen sind auf die Idee gekommen, dass sie ja auch aus dem Ausland im Home-Office arbeiten können.
Das ist natürlich keine Entsendung, da sie nicht aus geschäftlichen Gründen im Ausland tätig sind, sondern aus privaten Gründen.
Hat jemand von euch damit auch schon Erfahrungen? Ich habe inzwischen eingegrenzt, dass diese Kolleg:innen

  1. eine A1-Bescheinigung von der Krankenkasse benötigen (auch um den Unfallschutz zu gewährleisten)
  2. höchstens 4 Wochen im EU-Ausland tätig sein dürfen
  3. eine Vereinbarung mit uns unterzeichnen, in der der Zeitraum und das Land festgehalten sind und in welcher sie zustimmen, dass sowohl das Arbeitszeitgesetz, der Datenschutz als auch die Arbeitssicherheitsbedingungen weiterhin gelten
  4. Verfügbarkeit nach den deutschen Officezeiten muss gewährleistet sein
  5. Sollte eine Anwesenheit der Kolleg:innen unvermeidbar sein, muss die Rückreise auf eigene Kosten erfolgen

​​​​​​​Fällt euch ggf. noch etwas ein, was zuvor geregelt werden müsste und wie geht ihr mit diesen Anfragen in eurem Unternehmen um?

Ich freu mich über euren Input und eure Erfahrungen!

LG Melanie

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Hallo @mellisi,

zu deinem Punkt 3 - hast du ein Template für die Vereinbarung die du bereit wärst mit mir zu teilen?

Viele Grüße,

Miriam

 

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Hello @mellisi,

hallo zusammen,

ich bin auch grade dabei, das auszuarbeiten, bin aber überrascht, dass ich von den Krankenkassen unterschiedliche Aussagen bekommen habe.

Hintergrund: Wir sind ein E-Commerce Unternehmen und haben internationale Mitarbeiter auch mit BlueCard und Titel, etc. 

Ich hatte letzte Woche mit unserem Anwalt bzgl. der Rahmenbedingen (mobiles arbeiten, Versicherungen, Datenschutz, etc) gesprochen und wir werden den Mitarbeitern erlauben, im EU Ausland + UK + EWR zuarbeiten und das maximal 180 Tage (etwas Puffer zur 183 Tage Regelung nach dem Steuerrecht).

Nun wollte ich via Datev die A1 Bescheinigung gestern als Probe einmal fertig machen und hatte wegen eines Verständnisproblems bei einer AOK angerufen. Diese meinten zu mir, da es sich hier um freiwilliges Arbeiten handelt und nicht auf Weisung des Arbeitgebers hin, dass die A1 Bescheinigung nicht notwendig sein. Die Aussage unseres Anwalts war jedoch, dass jeder Mitarbeiter, der im Ausland arbeitet (auch freiwillig) diese A1 Bescheinigung benötigt (macht meiner Meinung nach aus Sinn).

Jetzt habe ich allerdings mit 3 weiteren Krankenkassen telefoniert: 

3 sagen nicht notwendig (AOK NDS, DAK, & Barmer) und eine (TK) notwendig. Ich werde die DVKA heute anrufen um nachzufragen.

Edit: ich habe mir der DVKA telefoniert, es muss eine A1 Bescheinigung ausgefüllt werden, egal ob freiwillig oder nicht

Vielleicht allgemein zum Prozess, den ich ausgearbeitet habe: 

Wir rechnen mit Datev Lodas ab, das Programm bietet die A1 Bescheinigung EWR im elektronischen Austauschverfahren an. Entsprechend sind 70% der Daten, die benötigt werden, vorhanden. Ich habe die Abwesenheit “Working abroard” / Business Trip erstellt, hier werden die Mitarbeiter in der Kommentarspalte die fehlenden Informationen (nach Formularaufbau) zukommen lassen, sodass ich die A1 Bescheinigung abschicken kann. Das System werden ich für “Working abroad” mit 180 Tage Kontingent / Jahr einpflegen. 

Mitarbeiter müssen eine Auslandsreiseversicherung abschließen, die Verantwortung liegt hier bei Ihnen.

SVnet bietet auch die Möglichkeiten, kostenlos die A1 Bescheinigungen zu machen.

 

Viele Grüße

Jan-Niklas

 

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Hallo @miri_am ,
ich habe den Entwurf für die Vereinbarung an unsere Anwältin zur Prüfung gesendet, wenn sie nichts daran auszusetzen hat, kann ich sie dir gerne zur Verfügung stellen.
LG Melanie

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Hallo @JNH ,

vielen lieben Dank für deine ausführliche Antwort inkl. Edit, das hilft mir tatsächlich sehr weiter.

Ich war auch an dem Punkt angekommen, dass die A1-Bescheinigung in jedem Fall notwendig ist. Nicht nur wegen der Krankenversicherung, sondern auch, damit die Arbeitnehmer im Ausland unfallversichert sind, diesen Hinweis hatte ich von unserer Berufsgenossenschaft erhalten.

Die erste A1-Bescheinigung habe ich nun über unsere Steuerberaterin in DATEV anfordern lassen, bin gespannt wie lange das dauert.

Ich werde unsere Vereinbarung auch auf UK und EWR ausweiten, nicht ausschließlich EU und dann erst einmal schauen, wie viele Anfragen kommen und ob wir auch den Zeitraum von 4 Wochen noch etwas ausweiten. Da unsere Mitarbeier:innen aber zum Großteil Berater:innen sind, müssen wir mal schauen, wie die Entwicklung mit Kundenterminen nach Corona ist und ob sie dann wieder vermehrt vor Ort Termine wahrnehmen müssen. Dann ist ein längerer Auslandsaufenthalt natürlich ungünstig.

Falls ihr noch weiter Erkenntnisse habt, freue ich mich über eure Erfahrungen mit dem Thema.

Beste Grüße

Melanie

 

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