Hi @irump, @DanielFr, @Dentabene, @LeaSt und @AlexB
Das Thema Rezession ist bei uns als HR Plattform natürlich auch immer mehr in den Fokus getreten. Selbst in den Nachrichten hört man, wie die Rezession bereits einige Unternehmen zum Umdenken aufforderte, weshalb der Austausch untereinander von hoher Bedeutung ist!
- Wie sieht die aktuelle Situation denn bei Euch aus?
- Macht sich die Rezession im HR schon bemerkbar?
- Und wie plant Ihr damit, in der kommenden Zeit umzugehen?
Wir freuen uns sehr auf Eure Gedanken und Einblicke!
Liebe Grüße
Lena
Hi zusammen,
Rezession heißt im ersten Schritt erst einmal “Unsicherheit”. Grundsätzlich sehe ich hierbei für Unternehmen zwei Handlungsfelder:
Zum einen bietet die Rezession gerade für kleine Unternehmen, Chancen. Chancen deshalb, da mittlere und größere Unternehmen auf “Marktunsicherheiten” zunächst mit einem Budget-Freeze reagieren “müssen”, sie tragen eine große Verantwortung und müssen die Lage sondieren und der Lage auch genug “Raum” (=Zeit) geben, um sich zu entwickeln. Erst so können fundierte und nachhaltige Entscheidungen getroffen werden. Das bedeutet das es mehr Fachkräfte auf dem Markt geben wird, zumindest für eine kurze Zeit! Diese Chance gilt es gezielt zu nutzen.
Weiter sollte der Fokus auf den Aus- und Weiterbildungsbereich und somit der Bindung der Mitarbeiter*innen gerichtet werden. In einer Rezession sind manche Ziele schwerer zu erreichen, allerdings nicht unmöglich. Nur ausgebildete Mitarbeiter*innen, mit hohem Knowhow und einer guten Bindung an ein Unternehmen gelingt es in diesen Zeiten Lösungen zu finden und somit die Ziele des Unternehmens sicherzustellen.
Ein Gedanke zum Thema „Umdenken“:
Vollkommen unabhängig von Expansion, Prosperität / Boom, Rezession oder Depression müssen Unternehmen heute ständig umdenken. Ich selbst würde es generell nicht als Umdenken, sondern lieber als „kontinuierliches Weiterdenken“ bezeichnen. Wir wissen alle das eine völlig „neue“ Generation in die Arbeitswelt eintritt, das bereitet vielen Unternehmen Kopfzerbrechen.
Es wird allerdings nicht nur eine „neue“ Generation bleiben. Die nächsten Generationen werden sich, auch aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung, immer mehr voneinander unterscheiden, und somit immer „neue“ Generationen bilden. Konkret bedeutet dies, dass nur Unternehmen, die sich ständig in der gesamten Organisation weiterentwickeln auch nachhaltig erfolgreich sein werden. Dies zu managen wird, gerade für den HR-Bereich eine der wesentlichen Aufgaben in den nächsten Jahren
Grüße
Daniel
Hi zusammen,
natürlich ist eine Rezession nicht die wünschenswerteste Phase der Wirtschaft, jedoch vorhersehbar und Teil eines natürlichen volkswirtschaftlichen Zyklus. Ich bin daher verwundert, warum eine Rezession viele Unternehmen immer unerwartet und unvorbereitet trifft - scheint mir nicht logisch, keineswegs nachhaltig, sondern kurzsichtig.
Insbesondere Konzerne oder große Unternehmen scheint eine solche Wirtschaftsphase am stärksten zu treffen (habe selber schon in zweien gearbeitet). KMUs sind natürlich nicht nicht davon betroffen, scheinen sich i.d.R. jedoch besser vorzubereiten bzw. nachhaltiger zu wirtschaften und insbesondere auch in der Personalpolitik intelligenter zu agieren (so meine Erfahrung bisher) - nämlich nicht gleich einschneidende Budgetcuts zu verkünden oder Abbau- und Restrukturierungsprogramme aufzusetzen, sondern etwas zu drosseln und Ressourcen gezielter einzusetzen.
Provokant aber meine Meinung: Manchmal sollte besser nachhaltig und auch im Sinne der Belegschaft agiert werden, anstelle zum alleinigen pushen oder aufrechterhalten des Aktienkurses .
Die Phase der Rezession ist aus meiner Sicht eine Phase, in der Unternehmen Projekte, Themen oder Prozesse angehen sollten, um nachhaltige Verbesserungen zu erreichen und für die in wirtschaftlich erfolgreicher und damit sehr arbeitsreicher Phase meist kaum Zeit bleibt. Oder diese Zeit auch für die Ausbildung von Fachkräften sowie Weiterbildung und Qualifikation der Belegschaft zu nutzen, denn auch nach der Rezession wird eine starke und spezialisierte Belegschaft benötigt, um die steigende Wirtschaftskurve wieder anzugehen - danke für den ebensolchen Fokus auf das Thema @DanielFr.
Wie sieht die Richtung für erfolgreiches Recruiting im Jahr 2023 aus?
→ Nachhaltiges Recruiting: ressourcenorientiert die vor allem persönlich zum Unternehmen passenden Potentials für die kritischen Vakanzen im Unternehmen einstellen, die wir in der Expansion am schnellsten wieder benötigen werden. Wildes Lücken füllen macht grundsätzlich keinen Sinn!
Mit welchen Herausforderungen und Chancen wird die Personalabteilung im kommenden Jahr konfrontiert sein?
→ In vielen Unternehmen, wo Einschnitte spürbar sein werden, wird es sicher zu Kündigungen kommen. Aus meiner Sicht ist die herausforderndste Aufgabe das Retention-Management und auch das “Kümmern”, denn die von @DanielFr beschriebene Unsicherheit ist Fakt - aber auch in unsicheren Zeiten sollte die Belegschaft einen starken Partner mit ihrem Arbeitgeber spüren.
Kann sich die Personalabteilung darauf vorbereiten?
→ Eine gute Personalabteilung, die nah an den Fachbereichen und den Menschen dran ist, braucht sich aus meiner Sicht nicht besonders vorbereiten, denn die Anzeichen von Unsicherheit sollten bereits frühzeitig erkannt und notwendige Maßnahmen (Retention, interne Kommunikation, angemessene Kosteneffizienzen) schon getroffen sein.
→ Menschen von einer Position unabhängig, sondern nach Fähigkeiten einzusetzen und somit in einer Rezession vielleicht anderweitig zu beschäftigen, ist aus meiner Sicht die Kunst, welche Vorbereitung in der PE, in der Stellenbesetzung und im Talent Management bedarf - hier kann man sich auf jeden Fall gut aufstellen.
→ Vergessen können wir jedoch leider nicht, dass meistens auch die Personalabteilungen als Overhead schnell von Maßnahmen betroffen sind und Ressourcen oft nur fürs verwalten bleiben.
Für mich ist ein grundsätzlich nachhaltiges Wirtschaften von Unternehmen mit einer intelligenten und zukunftsorientierten Personalpolitik, die von Flexibilität und Know-how geprägt ist, das sinnvollste Ziel. Damit kann ein Unternehmen jede Wirtschaftsphase erfolgreich meistern - Vorausdenken und nicht nur an den Bonus denken.
Ich bin sehr gespannt auf weitere Beiträge und Meinungen.
LG, Florian
Hallo zusammen,
schön zu lesen, dass es hier schon einen Austausch gibt.
Ich bin als Personalverantwortlicher einer Steuerkanzlei, was unsere Zukunft im HR angeht, recht entspannt, ggf. sogar etwas positiv gestimmt. Klingt jetzt erst einmal komisch vielleicht, aber wir sind ein sehr stabiles, breit aufgestelltes Unternehmen, das zwar natürlich auch Mandate betreut, die von der Rezession getroffen werden bzw. betroffen sind, aber wir begleiten sie gemeinsam und ggf. wird es auch ein bisschen ein “reinigendes Gewitter” sein. Um das ein oder andere Mandat ist es im Zweifel auch gar nicht so schade, wenn man sich trennen muss...
Und es wird Kanzleien geben, die das nicht so unbeschadet überstehen können und ggf. Personal freisetzen müssen. Und das ist der Moment, wo ich es -rein beruflich und sachlich- sogar etwas positiv sehe. Denn ggf. finde ich so auch mal wieder ein paar neue Kolleginnen und Kollegen, die sonst gar nicht auf der Suche nach einer neuen Anstellung gewesen wären. Und jeder in meiner Branche kann aktuell sofort einen neuen Job finden (und sich wahrscheinlich dann auch finanziell trotz Krise verbessern), da es genug Kanzleien gibt, die von der Rezession weniger betroffen sind oder eh genug Neumandate in der Hinterhand haben, um Ausfälle zu kompensieren.
Mir ist allerdings bis heute noch kein Bewerber untergekommen, der in die o.g. Beschreibung passt, also entweder dauert es noch etwas oder die Steuerberater-Branche ist noch verschont geblieben.
Beste Grüße
Dash
@Selina @Lena
Erstmal finde ich es wichtig, festzuhalten, dass ja nicht nur HR und die MA von einer Rezession betroffen sind, sondern das ganze Unternehmen. Da in vielen Unternehmen viel zu wenig Verknüpfung zwischen Unternehmenssteuerung/erfolg und HR existiert, beobachte ich aktuell (noch) keine starken Effekte. Manche Unternehmen stellen vorerst) panisch) ihre Personalbeschaffungsaktivitäten ein, um sie 3 Wochen später wieder aufzunehmen.
Für mich fehlt jedoch in den meisten Konstellationen ein Betrachten der konkreten Datenlage: die wenigsten habe gute Überblicke über ihre Personal(bedarfs)planung, ihre (Personal)kosten und kaum einer ist in der Lage, den Bedarf für 1 Jahr im voraus zu schätzen.
Da aber oft die Datenlage in HR nicht so aufbereitet ist, dass die helfen würde, mutiert HR zum Verwalter und nicht Gestalter …
Wie sieht die Richtung für erfolgreiches Recruiting im Jahr 2023 aus?
→ Daten, Daten, Daten :)
Mit welchen Herausforderungen und Chancen wird die Personalabteilung im kommenden Jahr konfrontiert sein?
→ langsame Prozesse in Zeiten von Personalmangel: schlechte, analoge Prozesse werden zum Dealbreaker für Bewerber
Kann sich die Personalabteilung darauf vorbereiten?
→ Daten, Daten, Daten und digitalisieren! :)
Vielen Dank @DanielFr, @Florian Kuczera, @Dash und @Nina Hellmann für Euren Austausch in den Kommentaren zu diesem Thema!
Fall Ihr wissen möchtet, wie hierüber bei unserem Panel im User Group Meeting diskutiert wurde, kann sich hier die Aufzeichnung ansehen:
Im Panel mit @tina.leitschuh, @Egelseer und @Annika kamen einiger Eurer genannten Punkte ebenfalls auf, hier ein paar Key-Take-Aways aus dem Panel:
- Sicherheit als Arbeitgeber vermitteln
- Schnelles Einstellen von passenden Mitarbeiter*innen
- Qualitätsanspruch für den Bewerbungsprozess trotz zeitlichem & wirtschaftlichem Druck hoch halten
- Offen sein für neue Formate & Tools z. B. den internen Referral Prozess ausbauen
- Transparente Informationen im Bewerbungsprozess & auch für die bereits eingestellten Mitarbeiter*innen
Der letzte Punkt spielt unter anderem auch auf das Thema interne Kommunikation an. Wer sich dazu weiter austauschen möchte, kann sich in dieser Diskussion gerne einbringen: