Eine Frage, die uns alle im Recruiting immer wieder beschäftigt. Studien sagen oft: „Recruiter entscheiden in durchschnittlich 7 Sekunden über eine Bewerbung.“ Aber ist das die Realität?
Nachdem ich am Montag eine neue Vakanz veröffentlicht habe wurden mir - im übertragenen Sinne - die Türen eingerannt. Ich bekam innerhalb von weniger als 12 Stunden (!) 80 Bewerbungen. Inzwischen stehe ich bei mehr als 140 Bewerbungen.
Während ich jetzt die für uns ungewöhnlich hohe Masse an Bewerbungsunterlagen weitestgehend abgearbeitet habe, fiel mir auf wie schnell ich eine Entscheidung darüber treffe, ob eine Bewerbung in die nächste Phase wechselt oder in den Ordner für Absagen.
Wie lange brauche ich also tatsächlich um eine solche Entscheidung zu treffen?
Aus meiner Erfahrung im Screening von Bewerbungen in einem dynamischen B2C-Umfeld, würde ich sagen: Es hängt davon ab. Natürlich gibt es Schnellentscheider-Momente – eine Bewerbung, die sofort perfekt passt oder genauso schnell durchs Raster fällt. Aber in der Praxis dauert es länger, wenn man die Entscheidung fundiert treffen will. Ich würde von 3 bis 5 Minuten pro Bewerbung ausgehen, insbesondere, wenn die Stelle spezifische Anforderungen hat und der Kandidat nicht auf den ersten Blick „perfekt“ wirkt.
Was macht dabei den Unterschied? Die Qualität der Informationen. Für mich sind die entscheidenden Punkte:
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Klare Struktur und Übersichtlichkeit der Bewerbung
Der Lebenslauf (und ggf. Anschreiben) sollte so aufgebaut sein, dass ich die wichtigsten Informationen schnell finde: berufliche Stationen, relevante Skills, und – je nach Job – auch Soft Skills. -
Relevanz für die Stelle
Passt das Profil zur Vakanz? Hier ist es für mich besonders wichtig, dass Bewerber nicht nur ihre bisherigen Tätigkeiten auflisten, sondern konkret Bezug zur ausgeschriebenen Rolle nehmen – etwa in einem motivierenden Anschreiben oder in einem klar formulierten Profilabschnitt. -
Kontext und Individualität
Bewerbungen, die den Eindruck hinterlassen, dass sie massenhaft verschickt wurden, landen bei mir schneller im „Nein“. Ein persönlicher Bezug zur Firma oder der Rolle zeigt, dass sich jemand Gedanken gemacht hat. -
Spezifische Anforderungen
Besonders in Nischenbranchen, wie z. B. Segelbekleidung/ Bootszubehör bei uns, spielt die Passgenauigkeit eine große Rolle. Zertifikate, Erfahrungen in ähnlichen Branchen oder spezifische Skills wie Produktkenntnisse sind für mich Must-haves, die ich gezielt suche.
Was ich gelernt habe: Ein schnelles Screening ist gut – aber oft lohnt es sich, bei „Grenzfällen“ ein bisschen länger hinzuschauen. Gerade bei Quereinsteigern oder weniger klar strukturierten Lebensläufen entgeht einem sonst schnell ein Hidden Talent.
Wie seht ihr das? Entscheidet ihr beim Screening wirklich in Sekunden, oder nimmt der Prozess in der Realität doch mehr Zeit in Anspruch? Und welche Informationen sind für euch beim Abgleich mit der Vakanz wirklich essenziell?